Rauhe Gaisl - "Spitzborscht", M8/WI5 und "New look new hook", M9/WI5
Die Dolomiten sind als Eiskletter-Eldorado bekannt. Die meisten Eisfälle befinden sich in einer einzigartigen Felsszenerie. Die Route "Spitzborscht" befindet sich an der Westwand der Rauhen Gaisl im Pragsertal. Erstbegangen wurde die Route im Winter 2000 von Kurt Astner und Urban Ties. Der Eisfall befindet sich in einem beeindruckenden Überhang-Bereich und wächst meist mit einem großen Eiszapfen, eben dem "Spitzborscht". Die Absicherung erfolgt traditionell mit Schlaghaken, Cams, Keilen und Eisschrauben. Die Stände können 3x an 1 bis 2 Bohrhaken bezogen werden. Insgesamt handelt es sich hier um eine anspruchsvolle Route, die einiges an Routine im steilen Mixedgelände erfordert.
Die 1. Seillänge startet im Grad WI5 mit einer meist dünnen Eisauflage. Bei unserer Begehung im Januar 2018 konnte die gesamte Seillänge im Eis geklettert werden und so erfolgte auch die Absicherung im Eis. Stand wird dann im fettesten Eisnest vor dem Start des Felsteiles bezogen.
Die 2. Seillänge empfanden wir etwas unangenehm und mit M6+ nicht überbewertet. Es handelt sich um einen steilen und sehr trittarmen Quergang, der in eine Verschneidung übergeht. Am Ende steigt man über brüchiges Gelände auf ein Band. An dessen rechtem Rand befindet sich ein Bohrhaken, an dem Stand gemacht wird. Die Schlaghaken in dieser Seillänge sind nicht immer die besten. Kurz und knackig also.
Die 3. Seillänge ist mit M8 bewertet und es geht überhängend an ganz guten Hooks zur Sache. Hier stecken einige Schlaghaken, die aber auch nicht alle vertrauenserweckend sind. Am Ende wartet der Schlüssel zum Erfolg. Ein überhängender Riss vermittelt den Übergang ins Eis. Ziemlich pumpig und auch mal ein paar wackligere Hooks. Stand wird dann im Eis oder an Bohrhaken bezogen.
Die 4. und letzte Seillänge ist dann der absolute Traum. Ausgesetzt und senkrecht geht es im dick gewachsenen WI5-Gelände zum Ausstieg. Wir hatten das Glück, hier in der Sonne zu klettern. Ein seltenes Vergnügen! Am Stand stecken Bohrhaken und mit 3x Abseilen steht man wieder am Einstieg. Wer noch nicht genug hat, kann sich noch im schönen Klettergarten Rosslahne austoben oder den "Guasborscht" (WI5/M6) nebenan klettern und dann mit den Ski zurück zum Parkplatz rutschen.
Im Januar 2018 kam mit der „New look new hook“, M9/WI5 eine weitere Linie an der Rauhen Gaisl dazu. Christoph Hainz und Kurt Astner wollten eigentlich die Route „Beer Drinking“, die nach einem Felssturz zerstört wurde, wiederbeleben. Da sich zwischenzeitlich aber schon die Route „Eiserne Jungfrau“ von Gietl/Messini durch den Ausbruch schlängelt, kam es zur Erstbegehung von „New look new hook“.Zugestiegen wird über eine eigenständige Eisspur links vom „Spitzborscht“ oder über dessen erste Eislänge. Wir haben im Februar 2020 diese Einstiegsvariante gewählt, da die eigentliche Einstiegslänge in jenem Winter nicht vorhanden war. Vom ersten Stand des „Spitzborscht“ muss allerdings noch ein paar Meter nach links über dünnes Eis gequert werden, um zur zweiten Seillänge von „New hook new look“ zu gelangen.
Diese Seillänge ist besonders beeindruckend, da sie durch eine Reihe von Dächern direkt zum riesigen Zapfen, der über die Dachkante wächst, führt. Der Fels ist oft so strukturlos, dass bei der Erstbegehung Löcher gebohrt wurden, um diese anstrengenden Meter klettern zu können. Die Absicherung erfolgte mit Bohrhaken, wobei zwischen den Haken schon noch geklettert werden darf. Leider lassen sich die gebohrten Löcher in diesem steilen Gelände nicht immer sofort ausfindig machen. Das bedeutet, langes Blockieren und Gesuche nach dem nächsten Loch/Hook ist hier nötig.
Den spannendsten Moment der Tour bietet letztlich der Übergang auf den Zapfen. Glücklicherweise ist man mit einem Bohrhaken im Fels gut gesichert. Trotzdem erfordert es etwas Überwindung, sich auf das Eis zu schwingen und dann vorsichtig die letzten Meter der Seillänge im Eis hinter sich zu bringen. Einen ordentlichen Adrenalinschub würde es garantiert geben, wenn diese Eismassen unter einem wegbrechen. Bei uns war der Zapfen offensichtlich stabil und die Adrenalinausschüttung blieb daher im Rahmen.
Am Ende klettert man noch in 1-2 Seillängen im Eis bis zum Ende der Tour. Mehr oder weniger bewegt man hier auf der Linie des „Spitzborscht“, was im Eis aber recht egal ist, da sich dieses jedes Jahr unterschiedlich bildet. Der Abstieg erfolgt dann durch abseilen an den eingerichteten Bohrhakenständen entlang „Spitzborscht“/“Goasborscht“. Insgesamt sicherlich eine coole neue Linie, wobei der riesige Zapfen (im Gegensatz zu den anderen Routen der Wand) direkt angeklettert wird!